Alles über die Stachelrand-Gelenkschildkröte

Die Stachelrand-Gelenkschildkröte (Kinixys belliana), auch Bell's Scharnierschildkröte oder Afrikanische Scharnierschildkröte genannt, ist eine faszinierende Schildkrötenart, die in weiten Teilen Afrikas südlich der Sahara beheimatet ist. In diesem Artikel erfährst du alles Wissenswerte über diese beeindruckenden Reptilien.
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Wissenschaftlicher Name: Kinixys belliana
- Auch bekannt als: Bell's Scharnierschildkröte, Afrikanische Scharnierschildkröte
- Herkunft: Afrika südlich der Sahara
- Lebensraum: Savannen und trockene Wälder
- Größe: 10-18 cm Panzerlänge
- Nahrung: Overwiegend Pflanzenfresser
Beschreibung und Merkmale
Die Stachelrand-Gelenkschildkröte ist eine kleine bis mittelgroße Landschildkrötenart mit einer Panzerlänge von etwa 10 bis 18 cm. Ihr hochgewölbter, ovaler Rückenpanzer (Karapax) ist bräunlich bis gelblich gefärbt, oft mit dunkleren Flecken oder Netzmustern. Der Bauchpanzer (Plastron) ist gelb bis braun.
Charakteristisch für diese Schildkrötenart sind die beweglichen Scharnierstellen im Panzer, die es ihr ermöglichen, den Vorderteil des Panzers hochzuklappen und sich bei Gefahr oder in der Nacht zurückzuziehen. Die Scharniere befinden sich zwischen Vorderrückenpanzer und Hinterrückenpanzer sowie zwischen Vorderbauchpanzer und Hinterbauchpanzer.

Der Kopf der Stachelrand-Gelenkschildkröte ist klein und von oben betrachtet spitz zulaufend. Die Färbung reicht von gräulich bis bräunlich mit helleren und dunkleren Flecken. Kennzeichnend sind die spitzen Schnauzenschuppen.
Die kurzen, kräftigen Beine enden in scharfen Krallen, mit denen sich die Tiere gut im Erdreich vergraben können. Der kurze, kegelförmige Schwanz der Männchen ist deutlich dicker und länger als der der Weibchen.
Vorkommen und Lebensraum
Das Verbreitungsgebiet der Stachelrand-Gelenkschildkröte umfasst weite Teile Afrikas südlich der Sahara. Sie kommt von Senegal und Mauretanien im Westen bis nach Uganda und Kenia im Osten vor.
Bevorzugte Lebensräume sind trockene Savannenlandschaften sowie lichte Wälder und Buschland. Die Art meidet extrem trockene Wüstengebiete.
Stachelrand-Gelenkschildkröten sind Bodenbewohner, die sich vor allem auf dem Erdboden aufhalten. Zur Nachtruhe und zum Schutz vor Fressfeinden graben sie sich eine Erdhöhle oder ziehen sich in Felsspalten, hohle Baumstämme oder verlassene Termitenhügel zurück.

Lebensweise
Stachelrand-Gelenkschildkröten sind tagaktiv und am Morgen sowie am späten Nachmittag am aktivsten. Tagsüber sonnen sie sich gerne, um ihre Körpertemperatur zu regulieren.
Sie sind Allesfresser, ernähren sich aber überwiegend pflanzlich von Früchten, Blättern, Knospen, Blüten und Pilzen. Gelegentlich nehmen sie auch Insekten, Würmer und Aas zu sich.
Die Paarungszeit fällt in die Trockenzeit von November bis März. Das Männchen wirbt um das Weibchen, indem es um sie herum läuft und mit der Schnauze gegen ihren Panzer stößt. Nach der Paarung legt das Weibchen pro Gelege ein bis sechs längliche Eier in ein selbstgegrabenes Erdnest. Die Jungtiere schlüpfen nach einer Inkubationszeit von etwa 120 Tagen.
Haltung als Haustier
Die Stachelrand-Gelenkschildkröte gilt dank ihrer geringen Größe und ihrer robusten Natur als geeignete Schildkrötenart für die Haltung als Haustier. Folgende Punkte sind für eine artgerechte Haltung zu beachten:
- Terrarium: Mindestens 160 x 60 cm Grundfläche, Höhe 40 cm. Gut isoliert mit Unterschlupfmöglichkeiten.
- Temperatur: 25-30°C, nachts nicht unter 20°C. Zusätzliche Wärmequelle.
- Licht: UVB-Lampe für Vitamin D-Synthese. 12 Stunden Licht, 12 Stunden Dunkelheit.
- Luftfeuchte: 60-80%. Regelmäßiges Besprühen.
- Ernährung: Abwechslungsreiche Mischung aus Grünzeug, Gemüse, Obst, Proteinquellen.
- Untersuchung: Regelmäßige parasitologische Untersuchung.
- Gesellschaft: Nicht mit anderen Tierarten vergesellschaften.
Bei fachgerechter Haltung können Stachelrand-Gelenkschildkröten ein Alter von über 50 Jahren erreichen. Sie gelten jedoch als empfindlich in der Nachzucht, sodass es ratsam ist, keine Wildfänge zu erwerben.

Gesundheit und typische Krankheiten
Wie die meisten Reptilien sind Stachelrand-Gelenkschildkröten anfällig für bestimmte bakterielle und parasitäre Infektionen:
- Lungenentzündung: Häufig durch falsche Terrarien temperaturen. Symptome sind Atemnot, Ausfluss aus Nase und Augen. Behandlung durch Antibiotika.
- Parasitenbefall: z.B. mit Würmern oder Milben. Regelmäßige Kotuntersuchung empfohlen.
- Mangelerscheinungen: durch Fehlernährung, falsches UV-Licht. Skeletterkrankungen wie Rachitis.
Häufige Krankheiten | Symptome | Behandlung |
---|---|---|
Lungenentzündung | Atemnot, Ausfluss | Antibiotika |
Parasitenbefall | Verhaltensauffälligkeiten | Entwurmung |
Mangelerscheinungen | Wachstumsstörungen | Ernährungsumstellung, UV-Licht |
Eine gute Haltung und regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen sind die beste Vorbeugung gegen Erkrankungen. Treten dennoch Symptome auf, muss schnell ein Reptilien-Experte aufgesucht werden.
Gefährdung und Schutz
Die Stachelrand-Gelenkschildkröte wird von der IUCN als gefährdet (Vulnerable) eingestuft. Gründe sind vor allem Lebensraumverlust durch Waldrodung und übermäßige Entnahme aus der Natur für den Heimtierhandel.
In einigen afrikanischen Ländern steht die Art mittlerweile unter Schutz und darf nicht mehr exportiert werden. Auch die Nachzucht in Gefangenschaft ist wichtig, um den Druck auf die Wildpopulationen zu verringern. Jeder Käufer sollte daher auf nachgezüchtete Tiere bestehen.
Mit einem verantwortungsvollen Umgang kann die Stachelrand-Gelenkschildkröte hoffentlich auch in Zukunft ein faszinierender Bewohner der afrikanischen Savannenlandschaften bleiben.
Fortpflanzung
Die Fortpflanzung der Stachelrand-Gelenkschildkröten erfolgt in der Regel in der Trockenzeit zwischen November und März. In dieser Zeit werden die Tiere aktiver und das Männchen beginnt das Weibchen durch intensives Umkreisen und Rammen gegen den Panzer zu umwerben.
Nach der Paarung graben die Weibchen mit ihren Hinterbeinen ein Nest in den Erdboden, in das sie dann ein bis sechs längliche Eier legen. Pro Gelege werden meist zwei bis vier Eier abgelegt. Die Eier haben eine harte Kalkschale und einen Durchmesser von etwa 35 bis 45 mm.
Das Weibchen verschließt das Gelege mit Erde und lässt die Eier sich ohne weitere Brutpflege selbst entwickeln. Die Inkubationsdauer beträgt etwa 120 Tage bei einer Bruttemperatur von 28 bis 30 °C.
Nach dem Schlupf haben die Jungschildkröten eine Carapaxlänge von 25 bis 35 mm. Sie sind von Anfang an auf sich allein gestellt und graben sich aus dem Nest an die Erdoberfläche.
Ihr Wachstum ist relativ langsam. Die Geschlechtsreife erreichen Stachelrand-Gelenkschildkröten erst mit einem Alter von etwa 10 bis 15 Jahren. Sie können sehr alt werden und ein Alter von über 50 Jahren erreichen.
Nachzucht
Die Nachzucht der Stachelrand-Gelenkschildkröte in menschlicher Obhut ist möglich, aber anspruchsvoll. Folgende Faktoren sind für eine erfolgreiche Reproduktion zu beachten:
- Ausgewachsene, gesunde Tiere ab 10 Jahren
- Winterruhe von 2-3 Monaten bei 18-20°C
- Jährliche Temperaturschwankungen
- Regelmäßige Paarungszeiten durch Lichtprogramm
- Gelegeinkubation bei 28-30°C und hoher Luftfeuchte
- Aufzucht der Jungtiere bei 28-30°C
Eine künstliche Befruchtung ist bei dieser Art bislang noch nicht erfolgreich durchgeführt worden. Die Jungtiere haben zudem hohe Verlustquoten. Aus diesen Gründen ist Nachwuchs in Menschenhand bislang relativ selten und die Art gilt als schwierig nachzuzüchten.
Häufig gestellte Fragen
Wie alt werden Stachelrand-Gelenkschildkröten? In menschlicher Obhut beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung 40 bis 60 Jahre. Es sind aber auch Fälle über 80 Jahre bekannt.
Welche Temperatur brauchen Stachelrand-Gelenkschildkröten? Optimal ist eine Tagestemperatur von 27 bis 30°C. Nachts darf sie auf 18 bis 20°C sinken.
Wie groß wird die Stachelrand-Gelenkschildkröte? Ausgewachsen erreichen die Tiere eine Panzerlänge von etwa 15 bis 18 cm.
Können Stachelrand-Gelenkschildkröten klettern? Nein, sie leben ausschließlich am Boden und graben Höhlen. Klettern können sie nicht.
Sind Stachelrand-Gelenkschildkröten giftig? Nein, sie verfügen über keinerlei Giftdrüsen und sind für den Menschen völlig harmlos.
Darf man zwei Stachelrand-Gelenkschildkröten zusammen halten? Grundsätzlich ja, aber nur ein Männchen mit einem Weibchen. Zwei Männchen vertragen sich auf Dauer nicht.
Was fressen Stachelrand-Gelenkschildkröten? Sie sind hauptsächlich Pflanzenfresser, die Blätter, Früchte, Pilze und Blüten zu sich nehmen.
Fazit
Die Stachelrand-Gelenkschildkröte ist eine faszinierende Reptilienart, die mit den richtigen Haltungsbedingungen auch für Terrarianfänger gut zu pflegen ist. Dank ihrer Robustheit kann sie viele Jahrzehnte als interessanter Pflegling begleiten.
Allerdings sollten nur nachgezüchtete Tiere erworben werden, um die Wildpopulationen zu schützen. Bei Zweifeln an Herkunft oder Gesundheitszustand sollte man lieber die Finger von einem Kauf lassen.
In ihrem natürlichen Lebensraum in Afrika ist der Fortbestand der Art leider nicht sicher. Jeder kann einen Beitrag leisten, indem er ihre natürlichen Habitate schützt und ihre Schönheit und Einzigartigkeit weitertragen hilft.
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