Waldschildkröte: Alles, was man über diese faszinierende Schildkrötenart wissen muss

Die Waldschildkröte ist eine faszinierende Schildkrötenart, die in Wäldern und Gebüschen Mitteleuropas beheimatet ist. In diesem Artikel erfährst du alles Wissenswerte über das Erscheinungsbild, die Lebensweise und den Schutz dieser scheuen Waldbewohner.
Die wichtigsten Fakten auf einen Blick:
- Kleine Landschildkrötenart, die in Wäldern Mitteleuropas beheimatet ist
- Ernährt sich von Pflanzen, Pilzen und Früchten am Waldboden
- Verbringt den Winter in Kältestarre vergraben im Laub
- Wird von Füchsen, Mardern und Wildschweinen gejagt
- Auf der Roten Liste als "potenziell gefährdet" eingestuft
- Steht unter Artenschutz und darf nicht als Haustier gehalten werden
Erscheinungsbild der Waldschildkröte
Die Waldschildkröte gehört zur Gattung der Halsberger-Schildkröten und trägt den wissenschaftlichen Namen Testudo hermanni. Sie hat einen ovalen, abgeflachten Panzer, der eine olivgrüne bis braune Färbung mit dunklen Flecken und Streifen aufweist.
Merkmal | Beschreibung |
---|---|
Größe | 4-10 cm Panzerlänge |
Gewicht | 100-600 g |
Panzer | Oval, abgeflacht, olivgrün bis braun gefärbt mit dunklen Mustern |
Kopf | Klein mit gelben Streifen seitlich der Augen |
Gliedmaßen | kräftige Beine, an Vorderbeinen große Krallen |
Schwanz | Kurz und stämmig |
Die Waldschildkröte hat einen kleinen Kopf mit gelben Streifen seitlich der Augen. Ihre kräftigen Beine enden an den Vorderbeinen in großen Krallen, mit denen sie gut graben kann. Der Schwanz ist kurz und stämmig.

Vorkommen und Lebensraum
Das Verbreitungsgebiet der Waldschildkröte umfasst Wälder und Gebüsche in Mitteleuropa, insbesondere in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Teilen Frankreichs sowie Norditalien.
Sie bewohnt bevorzugt Laub- und Mischwälder mit dichtem Unterholz. Auch Waldränder, Lichtungen und Heckenlandschaften bieten gute Lebensbedingungen. Wichtig sind Versteckmöglichkeiten im Untergrund sowie ein ausreichendes Nahrungsangebot.
Die Art ist in geeigneten Lebensräumen lokal noch relativ häufig. Doch durch Lebensraumverlust ist die Waldschildkröte in weiten Teilen ihres Verbreitungsgebiets seltener geworden.
Ernährung und Nahrungssuche
Die Waldschildkröte ernährt sich herbivor, also pflanzlich. Sie frisst eine Vielzahl von Pflanzen, Pilzen, Früchten und Samen, die sie am Waldboden findet. Dazu gehören beispielsweise:
- Gräser und Kräuter
- Beeren und Früchte
- Pilze
- Fallobst wie Äpfel und Birnen
- Auch Aas wird gefressen
Mit ihren scharfen Krallen scharrt die Schildkröte im Laub und lockerem Erdreich nach Essbarem. Sie verfügt über einen ausgezeichneten Geruchssinn, mit dem sie Nahrung aufspüren kann. Am aktivsten bei der Nahrungssuche ist sie in den Morgen- und Abendstunden.

Winterstarre und Überwinterung
Die kalten Wintermonate von Oktober bis April verbringt die Waldschildkröte in einer Kältestarre ("Hibernation"). Sie gräbt sich dazu einige Zentimeter tief in lockeren Waldboden oder Laubhaufen ein.
Dort fällt ihre Körpertemperatur auf nur wenig über dem Gefrierpunkt ab. Atmung, Herzschlag und Stoffwechsel werden extrem heruntergefahren. Diese Kältestarre dient dem Energiesparen, da in dieser Zeit keine Nahrung aufgenommen werden kann.
Ab April/Mai, wenn die Temperaturen steigen, erwachen die Tiere wieder aus der Winterstarre und graben sich an die Erdoberfläche.
Fortpflanzung und Entwicklung
Nach der Winterruhe im Frühjahr beginnt die Paarungszeit der Waldschildkröten. Die Männchen versuchen dabei, die Weibchen durch Rammböcke und Rufe zu beeindrucken.
Nach der Paarung sucht das Weibchen einen geeigneten Ort für die Eiablage. Es gräbt mit den Hinterbeinen eine 10-15 cm tiefe Höhle und legt darin zwischen 1 und 7 Eier. Die Brutzeit beträgt 2-3 Monate.

Die Jungtiere schlüpfen ab August und überwintern direkt an Ort und Stelle. Sie erscheinen dann im darauffolgenden Frühjahr zum ersten Mal an der Erdoberfläche. Bis sie die Geschlechtsreife erreichen, dauert es etwa 6-10 Jahre.
Gefährdung und Schutz
Obwohl die Waldschildkröte in Mitteleuropa noch relativ weit verbreitet ist, sind die Bestände vielerorts durch Lebensraumverlust und Straßenverkehr rückläufig. Die IUCN stuft die Art daher als potenziell gefährdet ("Near Threatened") ein.
In Deutschland steht die Waldschildkröte unter Naturschutz und darf nicht aus der Natur entnommen werden. Auch in der Schweiz und Österreich ist sie geschützt. Die Haltung als Haustier ist nur mit entsprechenden Dokumenten erlaubt.
Um die Waldschildkröte langfristig zu erhalten, sind der Schutz ihres Lebensraums sowie die Vernetzung von Teilpopulationen entscheidend.
Verhalten und Lebensweise
Die Waldschildkröte ist ein sehr scheues und vorsichtiges Tier. Bei der geringsten Störung zieht sie Kopf und Gliedmaßen in ihren Panzer zurück. Sie ist tagaktiv mit Aktivitätsspitzen in den Morgen- und Abendstunden.
Die Waldschildkröten leben außerhalb der Paarungszeit überwiegend einzelgängerisch. Nur zur Eiablage und während der Paarung im Frühjahr sind mehrere Tiere zusammen anzutreffen.
Begegnen sich zwei Männchen, kann es zu Ritualkämpfen kommen, bei denen sie versuchen, sich gegenseitig auf den Rücken zu drehen. Auch durch Rammböcke mit dem Kopf versuchen die Männchen, Rivalen zu vertreiben.
Während der Nahrungssuche und auf Wanderschaft ist die Waldschildkröte recht aktiv und legt täglich durchaus einige hundert Meter zurück. Sobald sie eine geeignete Stelle findet, gräbt sie sich für mehrere Stunden ein, um zu ruhen.
Fressfeinde und Bedrohung
Für erwachsene Waldschildkröten besteht nur eine geringe Gefahr, von Fressfeinden attackiert zu werden. Allenfalls Füchse, Marder oder Wildschweine sind in der Lage, die Panzer zu knacken.
Jungtiere sind verwundbarer und können auch von Krähen, Elstern und anderen Beutegreifern erbeutet werden. Die größte Bedrohung für die Waldschildkröten geht vom Menschen aus:
- Lebensraumzerstörung durch Bebauung und Straßenbau
- Straßenverkehr: Viele Tiere werden überfahren
- Illegaler Fang für die Haustierhaltung
Ohne wirksame Schutzmaßnahmen könnten die Bestände weiter abnehmen.
Haltung als Haustier
Aufgrund ihres ruhigen Wesens eignet sich die Waldschildkröte prinzipiell als Haustier. Allerdings haben illegal entnommene Wildfänge häufig Parasiten und Krankheiten. Zudem benötigt die Art große Gehege mit viel Auslauf.
Folgende Punkte sind bei der Haltung zu beachten:
- Mindestens 15 qm großes Außengehege
- Beheizbarer, isolierter Innenraum für die Winterstarre
- Ausgewogene, vitaminreiche Ernährung (Gemüse, Obst, Kräuter)
- Regelmäßige tierärztliche Kontrolle auf Parasitenbefall
- Nie Tiere aus der Wildbahn entnehmen!
Bei artgerechter Pflege können Waldschildkröten über 30 Jahre alt werden. Sie sind interessante und faszinierende Haustiere für Liebhaber dieser Tierart.
Wissenswertes und Fakten
Hier noch einige interessante Fakten rund um die Waldschildkröte:
- Der wissenschaftliche Name "Testudo hermanni" ehrt den französischen Naturforscher Jean Hermann (1738-1800).
- Waldschildkröten können bis zu 30 Jahre alt werden.
- Sie wurden früher in der Volksmedizin zu Pulver verarbeitet und gegen verschiedenste Krankheiten eingesetzt.
- In manchen Kulturen ranken sich Sagen und Legenden um Waldschildkröten.
- Die Weibchen können mehrmals im Jahr Eier legen, wenn das Gelege verloren geht.
Häufig gestellte Fragen
Wie unterscheide ich Männchen und Weibchen?
Das Männchen hat einen längeren und dickeren Schwanz sowie eine konkave Bauchplatte. Beim Weibchen ist der Schwanz kürzer und die Bauchplatte eben.
Können Waldschildkröten schwimmen?
Im Notfall können sie kurze Strecken schwimmen, meiden aber normalerweise tieferes Wasser.
Wie groß wird die Waldschildkröte?
Ihre Panzerlänge beträgt ausgewachsen 4 bis 10 Zentimeter.
Wie alt werden Waldschildkröten in der Wildbahn?
In freier Wildbahn können Waldschildkröten 15 bis 30 Jahre alt werden. Exakte Daten sind aber rar.
Mit welchen Krankheiten muss ich rechnen?
Häufige Probleme sind Parasitenbefall, Pilzerkrankungen der Panzeroberfläche und Vitaminmangelkrankheiten.
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