Warum fressen Schildkröten Steine?

Viele Schildkrötenarten fressen regelmäßig kleine Steinchen und Kiesel. Dies kann auf den ersten Blick verwunderlich erscheinen, hat aber durchaus seine Gründe.
In freier Wildbahn suchen Schildkröten gezielt nach Steinen, die sie mit Nahrungspflanzen zusammen fressen. Auch im Terrarium ist dieses Verhalten zu beobachten. Aber warum tun Schildkröten das? Welche Steine und Kiese eignen sich gut und wo lauern mögliche Gefahren durch Verschlucken?
- Die Gründe, warum Schildkröten Steine fressen
- Beliebte Steine und Kiese
- Gefahren scharfkantiger Steine
- Sichere Kiese und Steine im Terrarium
- Wie viel Kies benötigen Schildkröten?
- Kies im Terrarium richtig anbieten
- Weitere Gründe für das Fressen von Steinen
- Alternative Beschäftigungsmöglichkeiten
- Geeignete Kies-Alternativen
- Kies im Wasser-Terrarium
- Kies in Landterrarien
- Risikofaktoren für Darmverschluss
- Erkennung von Verstopfungen
- Vorbeugung und Behandlung
- Fazit
Die Gründe, warum Schildkröten Steine fressen

Schildkröten haben mehrere Gründe, um regelmäßig Kiesel und kleine Steine zu verspeisen:
Unterstützung der Verdauung
Die aufgenommenen Steinchen helfen mechanisch dabei, die Nahrung im Magen und Darm zu zermahlen und zu zersetzen. Sie wirken wie eine Art natürliches Schleifmittel.
Aufnahme von Mineralien
Viele Steine enthalten wichtige Mineralien wie Kalzium und Magnesium, die für den Knochenaufbau und andere Körperfunktionen lebensnotwendig sind. Schildkröten können diese Mineralstoffe teilweise nicht ausreichend über die Nahrung aufnehmen.
Verdauungshilfe für hartschalige Nahrung
Besonders bei überwiegend pflanzlicher Kost mit zähen Pflanzenteilen unterstützt der Magenkies die mechanische Zerkleinerung und Erschließung der Nährstoffe.
Natürliches Verhalten
Das Absuchen der Umgebung und Aufnehmen von Steinen gehört zum artspezifischen, natürlichen Verhalten vieler Schildkröten. In Gefangenschaft wird dies beibehalten.
Vorteil | Erklärung |
---|---|
Verdauungsunterstützung | Mechanische Zerkleinerung der Nahrung |
Mineralstoffquelle | Z.B. Kalzium und Magnesium |
Hilfe bei harter Nahrung | Z.B. zähe Pflanzenbestandteile |
Natürliches Verhalten | Instinkt bleibt in Gefangenschaft bestehen |
Beliebte Steine und Kiese

Nicht jeder Stein eignet sich gut zum Fressen für Schildkröten. Folgende Arten sind besonders beliebt:
Flusskiesel
Natürlich abgerundete Flusskiesel sind aufgrund ihrer glatten Oberfläche gut geeignet. Größere Exemplare können nicht versehentlich verschluckt werden.
Kies und feiner Schotter
Kies bzw. feiner Schotter zwischen 2 und 10 mm Korngröße wird von manchen Schildkröten bevorzugt aufgenommen. Die Stückchen sollten aber nicht zu klein sein.
Korallenkies
Zerkleinerter Korallenkies enthält wertvolle Mineralien und eignet sich gut. Er sollte keine scharfen Bruchkanten aufweisen.
Sepiaschalen
Auch pulverisierte Sepiaschalen (Sepia - Tintenfische) werden wegen ihres Gehalts an Kalzium und Kohlenstoff gerne gefressen.
Gefahren scharfkantiger Steine
Nicht jeder Kies oder Stein ist auch gut verdaulich. Insbesondere scharfkantige Steinchen bergen Risiken:
- Sie können die Darmwand verletzen und Entzündungen hervorrufen.
- Scharfe Kanten erhöhen die Gefahr einer Darmverblockung (Irmpaktation).
- Unregelmäßig geformte Steine passieren unter Umständen den Darm nicht vollständig und verbleiben im Darm.
Aus diesen Gründen sollten im Terrarium nur abgerundete, flache Steinchen angeboten werden. Geeignete Größen sind abhängig von der jeweiligen Schildkrötenart.
Sichere Kiese und Steine im Terrarium
Folgende Arten bieten sich als sicheres Substrat im Terrarium an:
- Abgerundete Fluss- oder Bachkiesel (je nach Größe der Schildkröte)
- Gewaschener Kies in mittlerer Körnung, z.B. 2-5 mm
- Zerkleinerter Korallenkies ohne scharfe Kanten
- Sepiaschalen
Wichtig ist, dass der Kies vor der Verwendung gründlich gewaschen wird, um Schmutz oder Parasiten zu entfernen. Eine Schichtdicke von 2-3 cm empfiehlt sich.
Wie viel Kies benötigen Schildkröten?
Die benötigte Kiesmenge hängt von der Größe der jeweiligen Schildkrötenart ab. Daumenregeln sind:
- Kleinere Arten: 1-2% des Körpergewichts pro Woche
- Mittelgroße Arten: 2-3% des Körpergewichts pro Woche
- Größere Arten: 3-5% des Körpergewichts pro Woche
Die Tiere nehmen in der Regel nicht die gesamte Kiesmenge auf einmal zu sich, sondern verteilt über mehrere Mahlzeiten.
Kies im Terrarium richtig anbieten
Damit der Kies seine positiven Wirkungen entfalten kann, gibt es einige Regeln für die Haltung im Terrarium:
- Natürliche Steine verwenden, keine künstlichen oder lackierten
- Abgerundet, flach und glatt sollte der Kies sein
- Gründliches Waschen vor der Verwendung
- Passende Größe für die jeweilige Schildkrötenart wählen
- Am Boden eine Schicht von 2-3 cm Kies einbringen
- Regelmäßig bei Wasserwechseln den Kies durchspülen
- Menge kontrollieren und auf Blockaden achten
Weitere Gründe für das Fressen von Steinen
Neben den natürlichen Gründen gibt es bei Schildkröten in Gefangenschaft noch weitere Ursachen für das Verspeisen von Kies:
Langeweile und Stress
Schildkröten, die ohne artgemäße Beschäftigung im Terrarium gehalten werden, können aus Langeweile und Stress heraus beginnen, die Kiessteinchen im Gehege zu fressen.
Fehlende Nährstoffe
Bei einem einseitigen, nährstoffarmen Futter neigen manche Schildkröten dazu, durch das Fressen von Kies fehlende Mineralien aufzunehmen. Eine abwechslungsreiche, vitaminreiche Ernährung kann dieses Verhalten verringern.
Starker Fressinstinkt
Ist der Fressinstinkt mancher Tiere sehr stark ausgeprägt, kann regelmäßiges Kiespicken aus einer Art Beschäftigung resultieren, wenn keine anderen Aktivitäten möglich sind.
Alternative Beschäftigungsmöglichkeiten
Um die Aufnahme von Kies aus Langeweile zu reduzieren, können folgende Beschäftigungsmöglichkeiten geboten werden:
- Strukturierte Einrichtung mit Verstecken und Klettermöglichkeiten
- Pflanzen zum Benagen und Verzehren
- Äste und Holz zum Abnutzen der Krallen und Schnäbel
- Wühlen in Sand, Erde oder Laub als Beschäftigung
- Kalksteine zum Benagen
- Regelmäßiger Kontakt zu Artgenossen
Geeignete Kies-Alternativen
Statt Kies eignen sich auch andere Materialien mit vergleichbarer Funktion:
- Große, flache Steine zum Benagen
- Zerkleinerte Eierschalen
- Cuttlebone (Sepiaskelette)
- Spezielle Futtersteine
- Angereicherter Calcium-Sand (z.B. für Bartagamen)
- Getrocknete Mineral-Lehme
- Granulierte Sepiaschale
Diese Materialien enthalten ebenfalls Kalzium, Kohlenstoff und andere Mineralstoffe. Sie bergen weniger Risiken der Blockbildung als Kies.
Kies im Wasser-Terrarium
Bei Wasser-Terrarien für aquatische Schilfröten sollte der Kies wie folgt eingebracht werden:
- Nur natürlichen, gewaschenen Kies verwenden
- Keine künstlichen Steine oder lackierte Kiesel
- Am Boden eine 2-3 cm dicke Schicht Kies einbringen
- Den Boden leicht zur Reinigung absenken
- Große Steine können zur Kletterhilfe dienen
- Zwischen Wasserpflanzen Kies verteilen
- Regelmäßig bei Teilauswechslungen durchspülen
Kies in Landterrarien
Für Landschildkröten gelten folgende Richtlinien bei der Kiesauswahl:
- Nur große, flache Steine, die nicht verschluckt werden können
- Kies nicht in einer Ecke konzentrieren, sondern verteilt anbieten
- Untermischung von Kies zum Pflanzensubtrat möglich
- Flache Wasserschalen mit Kieselsteinen bestücken
- Groben Sand ohne scharfkantige Steinchen verwenden
Risikofaktoren für Darmverschluss
Folgende Faktoren begünstigen einen Darmverschluss durch Steine bei Schildkröten:
- Kleiner, scharfkantiger Kies
- Glatte, runde Kieselsteinchen
- Feiner Quarzsand, der sich verklumpt
- Trockenes Futter, das die Darmpassage verlangsamt
- Zu wenig Bewegung und Aktivität des Tieres
- Dehydrierung mit verlangsamter Darmpassage
- Zu kalte Temperaturen mit inaktivem Stoffwechsel
- Vorhandene Darmkrankheit oder Infektion
- Veränderungen des Magen-Darm-Milieus
Erkennung von Verstopfungen
Folgende Anzeichen können auf einen Darmverschluss bei Schildkröten hindeuten:
- Seltener Kotabsatz
- Weicher oder wässriger Kot
- Verweigerung von Nahrung
- Auffällige Lethargie und Antriebslosigkeit
- Aufgeblähter Panzer
- Anhaltende Anstrengung beim Kotabsatz
- Ausfluss von Schleim oder Blut
- Erbrechen unverdauter Nahrung
Bei längerem Bestehen dieser Symptome sollte ein Tierarzt aufgesucht werden.
Vorbeugung und Behandlung
Um eine Verstopfung durch Kies zu verhindern, empfehlen sich folgende Maßnahmen:
- Verwendung großen, abgerundeten Kieses
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr
- Regelmäßige Bewegung
- Abwechslungsreiche Ernährung mit Ballaststoffen
- Temperaturanpassung und Optimierung des Geheges
- Kotkontrolle auf Steine
- Bei Verdacht: Röntgen und ggf. chirurgischer Eingriff
Fazit
Schildkröten fressen aus natürlichen Gründen Kies und Steine. Durch die richtige Kieswahl und artgerechte Haltung lassen sich Risiken weitgehend vermeiden. Bei Symptomen eines Darmverschlusses sollte rechtzeitig ein Tierarzt konsultiert werden.